Zum 50. Geburtstag von Heidrun Jänchen

Bibliotheka Phantastika gratuliert Heidrun Jänchen, die heute ihren 50. Geburtstag feiert. Die am 10. Oktober 1965 im sächsischen Burgstädt (Kreis Karl-Marx-Stadt) geborene und seit 1984 in Jena lebende Physikerin Heidrun Jänchen hat sich seit Mitte der 00er Jahre in der deutschen Phantastikszene als Autorin von mehrfach für den Kurd-Laßwitz-Preis und den Deutschen Science Fiction Preis nominierten – und in zwei Fällen tatsächlich preisgekrönten – SF-Stories und Mitherausgeberin mehrerer SF-Anthologien einen Namen gemacht. Auch ihr erster SF-Roman Simon Goldsteins Geburtstagsparty (2008) wurde für beide Preise nominiert und belegte letztlich den zweiten Platz.
Doch zum ersten Mal in diesem Jahrtausend so richtig in der Szene in Erscheinung getreten ist Heidrun Jänchen nicht mit SF, sondern mit Fantasy. 2002 gewann sie nämlich mit der Story “Magische Momente” die in besagtem Jahr unter dem Thema “Hexen, Magier, Scharlatane” laufende Ausschreibung der Story-Olympiade – und wurde für ihren Sieg damit belohnt, dass sie gemeinsam mit Andrea Tillmans und Christian Savoy einen Fantasyroman – Der eiserne Thron (2003) – schreiben durfte. Zwei Figuren aus diesem (durchaus in sich abgeschlossenen) Roman haben sie anschließend nicht losgelassen, deswegen hat sie sie in den Mittelpunkt ihres zweiten – diesmal allein verfassten – Fantasyromans Nach Norden! (2006) gestellt – und damit ein Kleinod der deutschsprachigen Fantasy geschaffen.
Nach Norden von Heidrun JänchenNach Norden! erzählt die Geschichte zweier Außenseiter, die die Kämpfe um den eisernen Thron überlebt, dabei aber alles verloren haben und jetzt in einem mehr oder weniger typischen Fantasy-Setting auf der Suche sind: Elra, eine Gestaltwandlerin, die ihre Gabe verbergen muss, da die anderen Menschen sie als Bedrohung empfinden, sucht ihr angeblich hoch im Norden verborgen lebendes Volk; Frett wiederum, der Elras Geheimnnis kennt und sich je nach Bedarf als Heiler, Soldat, Schreiner oder auch mal als Berater eines Herzogs präsentiert, sucht einen Ort, an dem seine innere Unruhe sich legt und ihn nicht gleich wieder weiterziehen lässt. Dass die beiden ungleichen Gefährten, die sich ziemlich zu Anfang des Romans über den Weg laufen und aus verschiedenen Gründen einige Zeit brauchen, bis sie miteinander klarkommen, auf dem Weg nach Norden allerlei Abenteuer überstehen müssen, versteht sich von selbst – und auch, dass sie es immer irgendwie schaffen, sich durchzuwursteln …
Es gibt viele gute Gründe, die immer mal wieder ein bisschen bockige Elra, die sich in der Welt draußen anfangs nur schwer zurechtfindet, und den sich gerne undurchschaubar gebenden Frett auf den einzelnen Episoden ihrer Reise nach Norden zu begleiten, denn trotz ihrer Eigenarten sind die beiden ungemein sympathische und lebensechte Figuren. Hinzu kommen die mit viel Sinn fürs Detail geschilderten Orte und Örtlichkeiten, die sie besuchen – und die Tatsache, dass es praktisch ausschließlich um die Probleme der “kleinen Leute” geht (die für die Betroffenen natürlich trotzdem groß sein können). Nach Norden! zeigt, dass es weder magischer Schwerter, noch eines dunklen Herrschers oder einer allumfassenden Bedrohung bedarf, um eine in sich stimmige, zwar kleine, aber nichtsdestotrotz lesenswerte – und gelegentlich augenzwinkernde – Geschichte zu erzählen. Von der viele potentielle Leser und Leserinnen vermutlich noch nie etwas gehört haben, da Nach Norden! zu den Hochzeiten des Tolkienvölkerfantasy-Booms “nur” in einem Kleinverlag erschienen ist. Bedauerlicherweise (zumindest aus der Sicht eines Fantasylesers) hat Heidrun Jänchen seither kaum noch Fantasy, sondern fast ausschließlich SF geschrieben – aber vielleicht ändert sich das ja irgendwann wieder. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, Heidrun!

3 Kommentare zu Zum 50. Geburtstag von Heidrun Jänchen

  1. wurling sagt:

    Da sprichst du mir aus der Seele. Und viel besser als ich es könnte. Ich finde es auch sehr schade, dass Heidrun Jänchen nicht mehr Fantasy geschrieben hat (vielleicht tut sie es ja mal wieder(?!)). “Nach Norden!” ist wirklich kein “Großer” Roman, aber eben eine kleine, feine Geschichte, die mich damals wirklich positiv überraschte. Wie erwähnt, ich hätte gerne mehr davon.

  2. gero sagt:

    Ha, dann hat mich meine Erinnerung doch nicht getrogen, denn ich war mir ziemlich sicher, dass der Roman außer mir noch jemand gefallen hat. 😉

  3. lapismont sagt:

    Schönes Geburtstagsständchen! Wenn ich auch froh bin, dass Heidrun lieber SF zu schreiben scheint. Auch ihre Lektorate sind ja nicht zu verachten.
    Großes GZ!

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