Zum 65. Geburtstag von Susan Shwartz

Bibliotheka Phantastika gratuliert Susan Shwartz, die heute 65 Jahre alt wird. Die am 31. Dezember 1949 in Youngstown, Ohio, geborene Susan Martha Shwartz zählt zu den Autoren und Autorinnen, die eine gewisse Zeit in der Phantastikszene recht aktiv waren und dann wieder mehr oder weniger in der Versenkung verschwunden sind. Wobei sie auch in ihrer aktivsten Phase immer nur im Nebenberuf geschrieben und ihr Geld hauptberuflich an der Wall Street verdient hat.
Ihr Debut als Autorin feierte sie 1980 mit der Kurzgeschichte “The Fires of Her Vengeance” in der von Marion Zimmer Bradley herausgegebenen Anthologie The Keeper’s Price and Other Stories, auf die rasch weitere Geschichten – teils SF, teils Fantasy – in Magazinen wie Analog oder Fantasy Book und in weiteren Bradley-Anthologien folgten. Ihr erster Roman war eine Space Opera (White Wing (1985), mit Sharian Lewitt als Gordon Kendall), doch danach wandte sie sich in ihren Romanen mehrere Jahre lang fast ausschließlich der Fantasy zu.
Byzantium’s Crown bildet den Auftakt der mit den Bänden The Woman of Flowers (beide 1987) und Queensblade (1988) fortgesetzten Trilogie Heirs to Byzantium, die auf einer alternativen Erde spielt, auf der Octavian die Seeschlacht von Actium gegen Marcus Antonius verloren und Letzterer daraufhin mit Cleopatra ein ägyptisch-byzantinisches Reich gegründet hat. Dessen Hauptstadt Byzanz wurde zum Mittelpunkt einer Welt, auf der Magie existiert und die alten Götter überlebt haben, wohingegen das Christentum nur eine Sekte mit marginalem Einfluss ist. Jahrhunderte später muss der Thronerbe Prinz Marric aus dem Reich fliehen (da ihm seine Stiefmutter das Erbe streitig machen will) und gerät dadurch in Abenteuer, die ihn bis auf die britischen Inseln führen, auf denen die Druiden immer noch mächtig sind.
Silk Roads and Shadows von Susan ShwartzAuch Silk Roads and Shadows (1988) beginnt in einem alternativen Byzanz, das sich jedoch kaum vom historischen Byzanz unterscheidet (wenn man davon absieht, dass auch in dieser Welt wieder Magie existiert). Von hier aus macht sich Prinzessin Alexandra, die Schwester des Kaisers, mit ein paar Begleitern nach Osten auf – sie will in China Seidenraupen stehlen, da die byzantinischen Seidenraupen von ihrer Tante, der machthungrigen Zauberin Theodora (die am liebsten selbst auf dem Kaiserthron sitzen würde), vernichtet wurden. Unterwegs bekommt Alexandra es nicht nur mit den Verfolgern zu tun, die ihre Tante hinter ihr herschickt, sondern begegnet auch dem geheimnisvollen König der ebenso geheimnisvollen Stadt Shamballah, der ihr erklärt, dass ihre einzige Chance, ihre Reise zu überleben und erfolgreich zu bendeen, darin besteht, den Diamantweg zu beschreiten – sprich, die magischen Disziplinen des Vajrayana-Buddhismus zu erlernen … Farbige, exotische Settings, eine abenteuerliche Handlung, und die überzeugende innere Entwicklung Alexandras machen aus Silk Roads and Shadows einen lesenswerten Fantasyroman mit einer vielleicht ein wenig zu modern denkenden Heldin (aber das kennt man ja auch aus diversen historischen Romanen).
Auch in ihren folgenden Romanen wandte Susan Shwartz sich eher selten benutzten Settings oder Themen zu: In Imperial Lady (1989, mit Andre Norton) erzählt sie von den Abenteuern einer chinesischen Prinzessin zur Zeit der Han-Dynastie, und in Empire of the Eagle (1993, mit Andre Norton) von denen einer Gruppe römischer Legionäre, die nach ihrer Niederlage in der Schlacht bei Carrhae in die Sklaverei verkauft werden und nach Zentralasien geraten; The Grail of Hearts (1992), der es unter dem Titel Der Wald von Broliande (1995) als einziger ihrer Romane zu einer deutschen Ausgabe gebracht hat, ist eine feministisch geprägte Version von Wagners Parsifal, während Shards of Empire (1996) und Cross and Crescent (1997) einmal mehr Byzanz zum Schauplatz haben, wobei dieses Mal die Schlacht bei Manzikert bzw. der erste Kreuzzug für den historischen Hintergrund sorgen.
Parallel zu ihren Romanen hat Susan Shwartz zwischen 1980 und 1999 auch noch mehrere Dutzend Kurzgeschichten verfasst und sieben Anthologien herausgegeben. Immerhin eine davon – Hecate’s Cauldron (1982) – wurde als Hexengeschichten (1985) auch hierzulande veröffentlicht. Inzwischen hat sie sich fast ausschließlich auf das Schreiben von SF-Romanen verlegt, von denen seit der Jahrtausendwende eine gute Handvoll erschienen sind.

2 Kommentare zu Zum 65. Geburtstag von Susan Shwartz

  1. Raskolnik sagt:

    Als alter Wagnerliebhaber wäre ich ja besonders an “The Grail of Hearts” interessiert. Empfehlenswert?
    Was “Silk Roads and Shadows” angeht: Ich reagiere im Allgemeinen eher allergisch, wenn der Name Shamballah fällt. All zu oft geht das mit der Sorte Tibet-Buddhismus-Romantik einher, die mir zutiefst zuwider ist. Wie verhält es sich in dieser Hinsicht mit dem Roman?

  2. gero sagt:

    Naja, es hat einen Grund, warum ich The Grail of Hearts nur im Vorbeigehen streife; manchmal hat sowas zwar auch Umfangs- oder Zeitgründe, aber dieses Mal ist es so, dass ich das Buch nicht richtig gelesen sondern nur mal kurz reingeschmökert habe. Zu kurz, um was Substantielles sagen zu können, heißt das. Ich meine mich erinnern zu können, dass ich das, was ich gelesen habe, als sehr düster oder fast schon depressiv empfunden habe, aber … schwören würde ich das nicht. 😉

    Bei Silk Roads and Shadows spielt der Buddhismus in seiner mystischen Ausprägung zwar eine wichtige Rolle, aber das hat für mich (vor dem Hintergrund meiner damaligen Kenntnisse) ziemlich authentisch bzw. gut recherchiert gewirkt. Und es macht aus Alexandras äußerer Reise (sie und ihre Begleiter sind tatsächlich ziemlich viel und weit unterwegs) zusätzlich eine spirituelle, weil sie an den Aufgaben, die sich ihr auf dem Diamantpfad stellen, entweder zerbrechen oder wachsen wird.

    Mir hat der Roman damals wirklich ziemlich gut gefallen; in den ~ 350 TB-Seiten steckt ‘ne Menge drin, da würde heutzutage mancher Autor / manche Autorin locker ‘ne Trilogie draus machen. Und das jeweilige Setting – immerhin geht’s von Byzanz quer durch den Mittleren Osten und weiter durch Gebirge und eine Wüste bis nach China (mit ein paar wichtigen Zwischenstationen) – schien mir gut recherchiert bzw. kam glaubwürdig rüber. Außerdem war es – auch durch die Einbindung des Buddhismus und etlicher Elemente der asiatischen Mythologie – relativ originell. Der Roman ist sicher kein Spitzenwerk der Fantasy, aber einer, der eine in sich stimmige Geschichte glaubwürdig erzählt – und das ist doch schon mal ‘ne ganze Menge. (Außerdem haben wir hier doch tatsächlich eine Queste, bei der es nicht darum geht, die Welt vor dem dunklen Bösen zu retten, sondern nur die byzantinische Seidenraupenzucht, sprich: ein wichtiges wirtschaftliches Element des Reiches.)

    Last but not least hat Alexandra zwar eine etwas bessere Ausgangsposition als der typische Bauern- oder Küchenjunge bzw. Stallbursche, trotzdem muss sie sich ihr Hineinwachsen in das, was diese Queste von ihr fordert, hart erarbeiten, weswegen ihre Veränderung mMn glaubwürdiger ist als die vieler anderer Questenhelden, die mehr oder weniger allein dadurch wachsen, dass sie unterwegs sind.

    Oh je … viele Worte für einen kleinen, in meinen Augen stimmigen und runden Roman. 😉 (Und natürlich kann mich meine Erinnerung trügen, denn ich habe in SRaS zwar nochmal kurz reingelesen, aber die eigentliche Lektüre liegt doch mehr als 20 Jahre zurück …)

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