Zum 60. Geburtstag von Patrick O’Leary

Bibliotheka Phantastika gratuliert Patrick O’Leary, der heute 60 Jahre alt wird. Als der am 13. September in Saginaw, Michigan, geborene O’Leary um die Jahrtausendwende herum mit drei Romanen und einer Handvoll Kurzgeschichten ins Rampenlicht trat, wurde er von vielen Kritikern als einer der vielversprechendsten neuen SF- und Fantasyautoren bezeichnet, dem eine große Karriere prophezeit oder zumindest zugetraut wurde.
O’Learys Erstling, der ebenso bizarre wie originelle Zeitreiseroman Door Number Three (1995; dt. Die dritte Tür (1998)) macht es seiner Leserschaft durch die sprunghafte, nicht durchgehend chronologisch erzählte Handlung allerdings nicht leicht.

Cover des Buches "The Gift" von Patrick O'Leary Zwei Jahre später folgte The Gift (dt. Hüter der Nacht (2000)), und dieser Fantasyroman (mit einer angedeuteten SF-Komponente) ist nicht nur deutlich zugänglicher, sondern auch ganz anders, als man es nach Door Number Three vielleicht erwartet hätte – und eines der zu Unrecht übersehenen Juwelen des Genres. Dabei fängt The Gift ganz harmlos damit an, dass auf einem Segelschiff in einer Flaute ein Mann – der einfach nur “the Teller” bzw. “der Erzähler” genannt wird – den Seeleuten eine Geschichte zu erzählen beginnt. Sie handelt von Ungeheuern und von einem Alchimisten, der das Böse zu neuem Leben erweckt hat und anschließend als sein Hüter mit ihm durch die Welt zieht. Und von Simon und Tim, zwei jungen Männern, die aus unterschiedlichen, aber jeweils nachvollziehbaren Gründen den Hüter bekämpfen wollen – was sich als weit schwieriger erweist, als anfangs gedacht. Was auf den ersten Blick nach einem Standardplot klingt, erweist sich in der Umsetzung – die durch unzählige Abschweifungen und teilweise völlig zusammenhanglos wirkende, eingeflochtene Anekdoten des Erzählers gekennzeichnet ist – als clever konstruierte Erzählung, die sich ganz zentral der Frage widmet, welche Bedeutung Geschichten für den Menschen haben. The Gift mag leise und unspektakulär scheinen, aber der Roman lotet die Möglichkeiten des Genres deutlich mehr aus als viele wesentlich bombastischer daherkommende Werke.

Zu Anfang des neuen Jahrtausends folgte Other Voices, Other Doors (2001; eine Sammlung von Kurzgeschichten und Essays) und ein Jahr später mit The Impossible Bird (2002) ein zweiter, wiederum recht abgedrehter SF-Roman. Danach wurde es lange Zeit still um Patrick O’Leary; erst 2009 erschien mit The Black Heart ein weiterer Band mit Kurzgeschichten quer durch alle Genres. Aus der O’Leary prophezeiten großen Karriere ist – zumindest bis jetzt – noch nichts geworden, was möglicherweise auch daran liegt, dass er keine Serien oder Zyklen schreibt und sich seine Themen fernab des gerade angesagten Mainstreams sucht. Gerade das könnte ihn wiederum für manche Leser und Leserinnen interessant machen.

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