Kurz, aber gut (2)

1. Joe Haldeman: Ein anderer Krieg
Diese Kurzgeschichte hat mich dazu verleitet, mir Joe Haldemans Hauptwerk Der ewige Krieg zuzulegen. Und auch, wenn ich das nicht bereut habe, kann ich sagen, dass alles, was den Charme des Romans ausmacht, genauso in Ein anderer Krieg zu finden ist. Darin wird das sympathische Heldenduo durch den titelgebenden Krieg getrennt. Für die Soldatinnen und Soldaten der Erde ist es tatsächlich ein ewiger Krieg, sorgen doch die Transporte mit Überlichtgeschwindigkeit dafür, dass die Zeit im Universum schneller vergeht als auf ihren Schiffen. Einerseits lernen unser Held und unsere Heldin so menschliche Gesellschaften kennen, deren Entwicklungen sie ansonsten nie erlebt hätten, andererseits hat dies natürlich gravierende Auswirkungen auf menschliche Beziehungen. Der Gegensatz zwischen der Antiquiertheit der beiden Protagonisten und den neuen menschlichen Gesellschaftsentwürfen tragen dabei deutlich zum Reiz der Geschichte bei. (Fremdling)
Deutsche Übersetzung in: Pandora 3. Das Magazin für internationale Science Fiction & Fantasy, S. 38-62.

2. Neil Gaiman: Schnee, Glas, Äpfel
Grimms Märchen nachzuerzählen und neu zu interpretieren ist das heimliche Hobby etlicher Fantasy-Autoren. Mit Schnee, Glas, Äpfel schafft Neil Gaiman es allerdings mühelos, sich von den häufig eher lahmen Weiterentwicklungen bekannter Märchenstoffe abzuheben. Einerseits emanzipiert er sich vor allem durch einen Perspektivwechsel stark von der Vorlage, andererseits kann er die Geschichte in einer losgelösten Mittelalter-Märchenwelt verorten, die durch viele kleine Details geerdet wird. Die weitere Umdeutung der Märchenelemente bringt sehr düstere Untertöne in Schnee, Glas, Äpfel ein, die es archaischer als die Vorlage erscheinen lassen und die weit von Kindergeschichten entfernten Wurzeln der Märchentradition in Erinnerung rufen, zugleich aber eine moderne Themenkombination ergeben.
Das Tüpfelchen aufs i ist ein für Gaiman etwas ungewöhnlicher getragener Stil, der die Düsternis und Märchenhaftigkeit unter einen Hut bringt und der Erzählerinnenfigur von Schnee, Glas, Äpfel die Eindringlichkeit verleiht, die die Geschichte auszeichnet. (mistkaeferl)
Original: Snow, Glass, Appels (1994), u.a. in der Sammlung Smoke and Mirrors;
Deutsche Übersetzung in: Die Messerkönigin (2001), S. 353-368.

3. Robert Sheckley: Ein erster Kontakt
»NUR AUFWECKEN, WENN TOP-STORY IN AUSSICHT« – so lautet die Aufschrift über den kryokonservierten Journalisten im Raumschiff der Menschen, dessen Insassen sich alle auf unterschiedliche Art und Weise auf den ersten Kontakt mit einem Alien vorbereiten, das sich auf dem anvisierten Planeten hinter einem Busch versteckt. Und eine Top-Story ist es, die Sheckley uns mit Ein erster Kontakt präsentiert: seine Version des ersten Kontaktes zwischen Mensch und Extraterrestrier ist eine humorvolle und entlarvende Studie über das ewig Menschliche, dessen Skurrilität in den Weiten des Alls weitaus außerirdischer erscheint als der schuppige Extraterrestrier Detringer, der wegen Impertinenz von seinem Heimatplaneten verbannt wurde. Gemeinsam mit seinem metallenen Diener Ichor bekommt er es mit dem Militär, der Bürokratie und der Regenbogenpresse unserer Erde zu tun, und die Geschichte seines ersten und letzten Kontaktes mit den uns allzu vertrauten Vertretern unseres Planten lässt sich mühelos mit dem weisen Ausspruch von Calvin bzw. Bill Watterson zusammenfassen: »Sometimes I think the surest sign that intelligent life exists elsewhere in the universe is that none of it has tried to contact us«. (Colophonius)
Deutsche Übersetzung in: Der widerspenstige Planet (2009). S. 617-653.

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