Wintersonnenwende

Vor Harry Potter gab es eine Menge interessante Fantasy für junge Leser, die inzwischen auf den hinteren Regalplätzen verschwunden ist. Eines der schönsten Beispiele ist Wintersonnenwende, der zweite Band aus Susan Coopers mehrfach ausgezeichnetem Zyklus The Dark is Rising. Der Band mit den Abenteuern von Will Stanton, dem siebten Sohn eines siebten Sohnes, die dieser beginnend mit seinem elften Geburtstag erlebt, ist der Höhepunkt der fünfteiligen Reihe und kann problemlos für sich gelesen werden.
Will ist das jüngste von sieben Geschwistern. Wintersonnenwende, Weihnachten und damit Wills Geburtstag stehen vor der Tür, und in der großen, ländlich lebenden Familie geht es drunter und drüber. Während Will am Vorabend seines Geburtstages die letzten Pflichten erledigt, begegnet er einem unheimlichen Landstreicher, und die Merkwürdigkeiten reißen auch in der darauf folgenden Nacht nicht ab. Am nächsten Morgen hat sich die Welt verändert, und Will befindet sich mitten im Kampf von Licht und Finsternis, in dem er eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat.

Wintersonnenwende von Susan CooperWintersonnenwende ist klassisches Garn um Gut und Böse, eine Queste und einen jungen Auserwählten, und man sollte es auch nur lesen, wenn man Lust auf eine Geschichte hat, die diese Muster nicht auf den Kopf stellt – aber dafür sorgfältig, mit Blick für Details und mit einer niveauvollen erzählerischen Umsetzung damit umgeht. Liebevolle Figuren und Schauplätze, sowohl magische als auch profane, Inspiration aus der keltischen Sagenwelt und Erdung an realen, authentisch präsentierten Orten und nicht zuletzt dunkle Magie als bedrohliches Element im Alltag sind die Zutaten, die Susan Cooper zu einer fesselnden Geschichte zusammenfügt, die Szenen enthält, die einem lange im Gedächtnis bleiben werden. Sie ist schaurig, ohne brutal zu sein, und baut vielmehr auf die Atmosphäre, die Dunkelheit, Landschaft, Wind und Wetter und ein paar wohlgesetzte bedrohliche Worte schaffen können.
Den Kontrast zu diesen Szenen bilden hoffnungsvolle Momente mit Wills Verbündeten, und vor allem das turbulente Familienleben des elfjährigen Helden, das – ungewöhnlich für eine Questengeschichte – gleichrangig neben den Abenteuern Platz findet und mit großer Wärme erzählt wird, ohne Spannungen auszusparen.
So ist es nicht verwunderlich, dass auch thematisiert wird, wie Will zwischen seiner neuen Aufgabe und der Familie hin- und hergerissen ist, wenn in den Tagen um Weihnachten herum, in denen Magie und Aberglaube stark sind, die Ereignisse sowohl in der magischen als auch in der Alltagswelt kulminieren und die Wechselwirkungen sich verstärken.

Die nahezu vierzig Jahre, die Wintersonnenwende inzwischen alt ist, verschwimmen ein wenig durch den ländlichen Schauplatz, der wahrscheinlich auch im Erscheinungsjahr bereits einen altmodischen Charme versprüht hat. Der Band, der 2007 auch mit wenig Erfolg (und außerdem weit vom Roman abweichend) verfilmt wurde, ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie eine mit einfachen Mitteln und traditionellen Elementen erzählte Geschichte letztendlich zu mehr als der Summe ihrer Teile wird.
Im Deutschen ist der Roman momentan nur antiquarisch erhältlich. ISBN 978-3-570-30303-0, Original: The Dark is Rising, übersetzt von Annemarie Böll

3 Kommentare zu Wintersonnenwende

  1. McClane sagt:

    Oh ja, das war eines meiner allerersten Fantasy-Bücher, nach der Twig-Reihe…hätte ich gewusst, dass das zu einer Reihe gehört hätte ich es nicht als erstes gelesen, hat wie du aber schon sagst, keine Auswirkung auf das Lesevergnügen…sehr tolles Buch. Hat bei mir auch einen Ehrenplatz im Regal

  2. Pegasus sagt:

    Das klingt nach solidem Lesefutter – habe gerade mal den Sammelband “The Dark is Rising” bestellt. 🙂

  3. mistkaeferl sagt:

    Vor allem beim ersten Band musst du halt noch ein bisschen mehr die Augen zudrücken, was das Jugendbuchige angeht, wenn ich mich recht erinnere (die Protagonisten sind da verschieden alte Geschwister).
    Viel Spaß damit! 🙂

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