Zum 45. Geburtstag von R. Scott Bakker

Cover von The Darkness That Comes Before von R. Scott BakkerBibliotheka Phantastika gratuliert R. Scott Bakker, der heute 45 Jahre alt wird. Als 2003 The Darkness That Comes Before, der erste Band der Trilogie The Prince of Nothing, des am 02. Februar 1967 in Simcoe in der Provinz Ontario in Kanada geborenen Richard Scott Bakker erschien, war bereits in vielerlei Hinsicht zu erkennen, was in den Folgebänden The Warrior-Prophet (2004) und The Thousandfold Thought (2006) noch deutlicher werden sollte: dass mit Bakker ein Autor die Bildfläche betreten hat, der sich nicht damit zufrieden gibt, die altbekannten und bewährten Erzählmuster und Topoi der Epischen Fantasy in gewohnter Weise zu benutzen, sondern sich ihrer bedient, um Grenzen zu verschieben und das Genre um neue Facetten zu bereichern (etwas, das beispielsweise auch George R.R. Martin und Steven Erikson zuvor schon getan haben).
Vordergründig erzählt The Prince of Nothing die Geschichte eines Kreuzzugs, mit dem die Königreiche der Inrithi den heidnischen Fanim die heilige Stadt Shimeh wieder entreißen wollen. Und natürlich die Geschichte des Dûnyain (eine Art Kriegermönch) Anasûrimbor Kellhus, der die Menschen um ihn herum dank seiner Kenntnisse über die menschliche Psyche auf einzigartige Weise zu manipulieren versteht. Außerdem spielt die befürchtete, sich mehr und mehr abzeichnende Rückkehr des No-God, die die Welt in den Untergang reißen würde, eine Rolle. Hintergründig geht es in der Trilogie (die – anders als die Werke Martins oder Eriksons – mit einem vergleichsweise kleinen Figurenensemble auskommt) allerdings um so existenzielle Fragen wie etwa die nach der Selbstbestimmung des Menschen. Dass Bakker die Welt, in der seine Protagonisten ebenso häufig mit ihren eigenen Schwächen, Wünschen und Ängsten wie mit ihren Gegnern ringen, überaus düster, brutal und vor allem auch erschreckend frauenfeindlich entworfen hat, hat zweifellos ebenso dazu beigetragen, dass The Prince of Nothing und die beiden bisher erschienenen Bände der Folge-Trilogie The Aspect-Emperor (The Judging Eye (2009) und The White-Luck Warrior (2011)) zu den am kontroversesten diskutierten Fantasywerken der letzten zehn Jahre gehören, wie Bakkers – vorsichtig formuliert – deprimierendes Menschenbild (wobei er sich auf eine bestimmte Interpretation neurowissenschaftlicher Erkenntnisse stützt). Unstrittig ist allerdings, dass Bakker zusammen mit George R.R. Martin und Steven Erikson das Dreigestirn bildet, das momentan den state of the art der Epischen Fantasy repräsentiert, auch wenn die jeweiligen Werke sich grundlegend unterscheiden.
Eine einigermaßen sinnvolle Einschätzung von Bakkers Oeuvre und dessen Bedeutung für bzw. Einfluss auf die Fantasy wird erst dann möglich sein, wenn das in seiner Gesamtheit als The Second Apocalypse betitelte Werk komplett vorliegt. The Unholy Consult, der dritte Band der Aspect-Emperor-Trilogie, soll Ende 2012 erscheinen; danach wird voraussichtlich eine dritte Trilogie folgen, die die Geschichte um Anasûrimbor Kellhus und den No-God zum Abschluss bringen wird.
Auf Deutsch sind – unter dem Reihentitel Der Krieg der Propheten – bisher die ersten drei Romane erschienen: Schattenfall (2006), Der Prinz aus Athritau (2007) und Der tausendfältige Gedanke (2008). Was weitere Übersetzungen angeht, stehen die Zeichen eher nicht gut. Bakkers Romane werden zwar im angloamerikanischen Raum in bestimmten Foren gerne und ausgiebig diskutiert, große Verkaufserfolge sind sie allerdings bisher nicht. Und auch in Deutschland scheint man mit den Verkaufszahlen nicht sonderlich zufrieden gewesen zu sein.

3 Kommentare zu Zum 45. Geburtstag von R. Scott Bakker

  1. Elric sagt:

    Oh ja, toller Autor!
    Allerdings finde ich auch der, der am schwierigsten zu lesen ist von den “big three”. (jedenfalls finde ich das)
    Ansonsten ist es gut zu wissen, dass der dritte Band dieses Jahr kommen soll, dann kann ich mir die zweite Trilogie ja tatsächlich dieses Jahr noch vornehmen und mich auf ein weiteres Buch freuen, welches mein Budget belastet.
    Vielleicht sollte man bei Bakker auch noch erwähnen, dass er auch richtig gute Krimis schreiben kann. Neuropath hat mich doch stellenweise sehr mitgenommen. Die Thematik des manipulierbaren Menschen zieht sich wie ein roter Faden durch sein Schaffen – bei Neuropath dann eben physische Manipulation!
    Toller Autor, mehr fällt mir nicht dazu ein.

  2. gero sagt:

    @ Elric:

    Ja, das sehe ich auch so, dass Bakker der “sperrigste” der Big Three ist. Außerdem enthalten seine Geschichten eigentlich keine witzigen oder zumindest auflockernden Szenen, so dass ich immer ein bisschen das Gefühl habe, durch zähen Morast zu waten, wenn ich Bakker lese. (Von daher hoffe ich, dass der Weg sich am Ende gelohnt haben wird. ;))

    “Neuropath” wollte ich ursprünglich durchaus erwähnen – ich neige momentan dazu, Bakkers Beschäftigung mit der Thematik des manipulierbaren Menschen fast schon Besessenheit zu nennen -, aber irgendwie hätte ich das in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr sauber in den Text integrieren können, also habe ich es weggelassen. Diese Jubiläumstexte sind ja keine Portraits, und bei Bakker als aktuellem Autor ist es auch nicht allzu schwierig, sich andernorts zu informieren, von daher sehe ich das nicht so eng. (Aber in einem sicher irgendwann mal fälligen Portrait würden wir natürlich auf “Neuropath” und “Disciple of the Dog” eingehen.)

    Diese Art von Texten (also die Jubiläumstexte) folgt ja eh keinen allzu strengen Regeln, deshalb sind sie manchmal “breiter” und manchmal “enger” angelegt. Das hängt letztlich von verschiedenen Faktoren ab … nicht zuletzt z.B. auch davon, wie viel Zeit ich gerade in einen solchen Text stecken kann (oder will).

  3. Elric sagt:

    Ach, ich wollte das Buch nur kurz erwähnen, weil es mich damals doch ziemlich schockiert hat – und auch die Hauptperson auf bestimmte Bilder so reagiert.

    Dass die Texte ja “je nach Lust” entstehen dürfen, wollte ich dir auch überhaupt nicht dreinreden – ich freu mich immer riesig über die kurzen Zusammenfassungen! 😀

    Ich hoffe auch, dass sich die “Bearbeitung” der Reihe lohnen wird, ich werd wohl die zweite Trilogie dieses Jahr lesen (müssen), wenn du ja schon den letzten Band “in Aussicht” gestellt hast! 😀

    Danke auf jeden Fall für deine immer interessanten Jubiläumstexte, die mich doch ab und an zu Büchern animieren…

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