Tor der Verwandlung

Cover des Buches "Tor der Vewandlung" von Carol Berg Gleich nachdem wir uns in der Bibliothek darüber einig waren, dass der Roman Tor der Verwandlung (ISBN: 978-3-442-24361-7) im September unser Buch des Monats sein soll, nahm ich es zur Hand, um noch einmal kurz reinzulesen. Meine letzte Lektüre des Buches liegt nun schon ca. zwei Jahre zurück, und so wollte ich meine Erinnerungen etwas auffrischen, bevor ich mich an diesen Beitrag machte.
Nach zwei Tagen hatte ich zwei wichtige Termine verpasst, meinen Freund wegen völliger Vernachlässigung verärgert und die Hälfte des Buches gelesen. Wie schon beim ersten Mal zog mich die Geschichte sofort in ihren Bann.

Dabei macht das Buch von außen gar nicht nicht soviel her – okay, das Coverbild ist passend und wesentlich weniger kitschig als das Originalcover, aber es ist nicht unbedingt etwas Besonderes, und auch der Klappentext verspricht eigentlich nichts weiter als einen soliden Fantasyroman:
“Seit vielen Jahren lebt der ehemalige Magier Seyonne unter dem Joch der Sklaverei. Die Erniedrigung und das Elend dieser Zeit konnte Seyonne nur überleben, indem er alles vergaß, was ihm einst bedeutsam erschien. Doch nun muss er sich wieder seiner Zauberkräfte entsinnen: Denn ein uraltes dämonisches Übel ist aufgetaucht und droht alles zu vernichten, was dem gebrochenen Mann jetzt noch wichtig ist…”
Doch gleich auf den ersten Seiten wird klar, dass in diesem Roman die starken Charaktere viel wichtiger sind als die Geschichte vom Kampf gegen uralte Übel oder finstere Dämonen.

Seyonne, der seit 16 Jahren als Sklave in derzhischer Gefangenschaft lebt, hat längst alle Hoffnungen auf ein würdiges Leben aufgegeben. Zwischen prügelnden Herren, erniedrigenden Arbeiten, Dreck und Elend versucht er einfach nur noch zu überleben und seinen Verstand nicht völlig zu verlieren. Dafür musste er nicht nur seinen Stolz aufgeben, sondern auch die Erinnerungen an sein Leben vor der Sklaverei.
Eines Tages wird er von Kronprinz Aleksander als Schreibsklave gekauft. Für diesen ist es ein Kauf aus rein praktischen Gründen: als ranghohes Mitglied der Gesellschaft hat er nie Lesen und Schreiben gelernt, und nun benötigt er für seine vertraulichen Korrespondenzen ein vertrauenswürdiges Werkzeug. Was wäre da besser geeignet als ein Sklave, den man im Fall eines vermeintlichen Vertrauensbruches einfach töten kann, ohne dass es Nachfragen gibt?
Und besser als ein Werkzeug wird Seyonne anfangs auch nicht von Aleksander behandelt, denn dieser ist ein hochmütiger, arroganter und absolut verzogener Charakter. Als Thronerben werden ihm kaum Grenzen im Umgang mit seiner Umwelt gesetzt, und so begegnet er den meisten Menschen in seiner Umgebung mit Verachtung und Geringschätzung.

Diese beiden so unterschiedlichen Charaktere und ihre sich entwickelnde Beziehung zueinander tragen die Handlung des Buches über weite Strecken und es wird nie langweilig zu lesen, wie die Beiden miteinander agieren. Eingebettet in eine detailreich ausgearbeitete Welt, entwickelt sich die Geschichte in einer ruhigen, ja fast gemächlichen Erzählweise.

Seyonne berichtet von den Ereignissen aus seiner Sicht. Als Mann in der Mitte seines Lebens ist er reif genug, um dem Leser genügend Tiefgründigkeit zu bieten, ohne bemüht geheimnisvoll zu wirken. Es macht einfach Spaß, ihm zuzuhören, denn inmitten seines Leidens hat er sich einen sehr feinen Humor bewahrt, der so ganz anders ist als der demonstrative Zynismus eines Tyrion Lannister oder eines Sand dan Glokta.
So meistert die Autorin die Hürden des Ich-Erzählers mit Bravour und erschafft glaubhafte Protagonisten, die den Leser des öfteren an die Charaktere aus den Büchern eines G.G. Kay denken lassen und gleich von der ersten Seite an zu fesseln vermögen.

Tor der Verwandlung ist zwar der Auftakt zu einer Trilogie, doch das Buch endet so befriedigend, dass es auch gut für sich allein gelesen werden kann. Die beiden Folgebände lassen sich gut lesen, können aber leider nicht das hohe Niveau des ersten Teils halten.

Ein Kommentar zu Tor der Verwandlung

  1. sisterdew sagt:

    Das Buch ist großartig! Und die Rezension eine Punktlandung.
    Ich hab’ mir neulich schon gedacht “das könntest du bald wieder lesen”, jetzt bin ich mir sicher, dass das demnächst passieren wird:)

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